Himmelkron: Acrylbilder und
Computergrafiken, Collagen und Gouachen: Der Himmelkroner
Künstler Gerhard Böhm zeigt derzeit 39 Arbeiten der
vergangenen vier Jahrzehnte im Stiftskirchenmuseum. Böhm ist
ein klassischer moderner Künstler, experimentierte aber
früher als andere mit Kunst, die am Computer
entsteht.
Der 85-Jährige Böhm, der seit 1973 in Himmelkron lebt,
gestaltete nicht nur das Himmelkroner Emblem zum 700jährigen
Ortsjubiläum. Er entwarf auch für den sonst eher nüchternen
Sitzungssaal des Rathauses einen siebenteiligen
Geschichtsfries. Doch am bekanntesten dürften seine
Kunstwerke für die Himmelkroner Autobahnkirche
St.Christopherus und deren Begegnungsstätte sein. Und
selbstverständlich hinterließ Böhm in der
Baille-Maille-Lindenallee, Außenstelle der Landesgartenschau,
seine Spuren: Dort steht Böhms rote Stahlplastik
"Konturen-Figuren". Im ehemaligen Nonnensaal-des
Stiftskirchenmuseums, wo jetzt die mit "Ansichten"
betitelte Sonderschau zu sehen ist, hängt bereits ein
dreiteiliges Kunstwerk von Böhm aus dem Jahr 2000: Das
Triptychon "Raum-Farben". Ein starker Kontrast zur
darunter stehenden Gethsemanegruppe aus Lindenholz, um 1500
erschaffene Kirchenkunst. Böhms zeitgenössisches Werk
entstand dagegen in einer speziellen Rakeltechnik im
Siebdruckver-fahren, das weiche Übergänge und Farbverläufe
erzeugt. "Diese Dauerleihgabe ist stilistisch durchaus
typisch für mich", sagt Böhm im Gespräch mit dem Kurier
bei einem Rundgang. Böhm setzt in dem dreigeteilten Altarbild
Farbquadrate und kontrastiert sie mit scharfen Linien. So
entstehen Farbräume und Raumfarben. Für die aktuelle, wie
Böhm selbst sagt, mittelgroße Schau wählte der Künstler
Arbeiten der vergangenen vier Jahrzehnte aus. Während die
jüngsten Arbeiten aus dem Jahr 2016 sind, stammt das älteste
Werk von 1968.
"Himmelkron im Quadrat"
Die Ansicht des Klosterdorfs beschränkt sich auf zwei
wesentliche Elemente - die Baille-Maille-Allee und die
Stiftskirche. Übrigens: Den Standpunkt gibt es so nicht.
|
"Ansichten" versteht Böhm im doppelten Sinn: Als
bildnerische Umsetzung örtlicher Ansichten und
landschaftlicher Motive. Und andererseits als eigene Meinung
und Sichtweise. Dabei arbeitet er nach eigenen Worten mit dem
Mittel der Verdichtung und der farbigen und formalen
Steigerung. Das Mittel der Reduktion setzt Böhm erneut bei dem
Großformat ein, das gegenüber des Triptychons hängt.
"Ich habe versucht, ein Stenogramm zu finden, von dem,
was Himmelkron ausmacht", erklärt Böhm. "Natürlich
habe ich einiges weggelassen und die Perspektive
verändert." Auf einem anderen, älteren Bild aus den
achtziger Jahren ist das Walberla zu sehen, das Kirchlein auf
der Spitze schwankt, durch den Berg schlängelt sich
Absperrband. "Bei einem Besuch am Walberla habe ich mich
ein Mal so geärgert, weil nur noch Massen von Menschen
unterwegs waren", erzählt Böhm, seit 2011
Kulturpreisträger des Landkreises Kulmbach, wie das Bild
entstanden ist. Wer eintaucht in den Böhm'schen Kosmos,
stößt auf wiederkehrende Symbole wie den Läufer oder den
Motorradfahrer. Böhm nennt sie "Superzeichen", die
er immer wieder als Motive einstreut. Himmelkrons
"Kunstprofessor" hat Freude am gestalterischen
Spiel mit den Grundfarben, der Konstruktion von Räumen und
ihrer Auflösung, und einer Präzision, wie sie nur am Computer
zu erreichen ist. Lineare Strukturen, Figuren wie
Schattenrisse und ein dynamischer Bildaufbau zeichnen seine
Werke aus. Böhm ist fasziniert vom mathematischen Prinzip PQ
21: Ein Quadrat lässt sich in 21 perfekte Quadrate
unterschiedlicher Größe zerlegen. "Für mich ergibt sich
daraus ein unendlicher, kreativer Prozess, in dem ich mich
wie ein Jongleur fühle", beschreibt Böhm seine Liebe zum
Quadrat. Was Böhm bereits vor Jahrzehnten ausprobierte, heißt
heute digitale Kunst oder Unpainted Art - und ist eine
Kunstrichtung, die auf Messen weltweit Furore macht.
"Walberla"
Das beliebte Ausflugsziel mit der Walburgis-Kapelle auf der
Kuppe im Landkreis Forchheim ist an manchen Tagen komplett
überlaufen. Böhm hätte eine Lösung: Einfach absperren.
Prof. Gerhard Böhm beim Aufhängen seiner Werke für die Sonderausstellung.
|